Asanas: diese lieb‘ ich, diese lieb‘ ich nicht …

Mittlerweile soll es Tausende von Asanas geben, die Körperübungen im Yoga. Über die Jahrtausende hinweg haben Yogis sie weiterentwickelt.

Es gibt Asanas, die zum Standard einer regulären Vinyasa-Klasse gehören. Sie sind sozusagen klassisch und allzeit tauglich. Herzstück ist beispielsweise Adho Mukha Shvanasana (herabschauender Hund). Virabhadrasana I und II (Krieger I und II) und viele andere sind ebenfalls gängig.

Manche Asanas magst Du vermutlich besonders, in ihnen fühlst Du Dich ausgesprochen wohl und normalerweise fallen sie Dir leicht. Außer vielleicht, wenn Du hast einen schlechten Tag erwischt hast oder krank bist.

Asanas – eine Frage des Verhältnisses

Viele von uns dürften aber auch die ein oder andere Asana haben, zu der ein gespaltenes bis verhasstes Verhältnis besteht. Sie fühlen sich nach harter Arbeit und absolutem Grenzgang an. Für mich zählt beispielsweise Purvottanasa (umgedrehtes Brett) dazu – wirklich, da könnte ich einfach nur lauthals fluchen!

Aber liegt es nun an den anatomischen Voraussetzungen oder an geistigen Mustern, wenn eine Asana zum Hassobjekt wird?

Impulse fördern den Prozess

Yoga bedeutet auch Veränderung. Ich lasse mich vorwiegend gern und bewusst auf einen Prozess ein, der mich persönlich, mental und körperlich wachsen lässt. Würde ich es drauf anlegen, könnte ich im Yoga auch „auf der Stelle treten“. Keine Anregungen des Lehrers annehmen und mich in meinen gewohnten Mustern bewegen. Bloß nichts anders machen. Doch Stagnation ist für mich ein fast unerträglicher Zustand.

Es ist natürlich bequem, Bewegungen in der bekannten Form und Intensität auszuführen. Doch ab einem bestimmten Punkt sind Körper und Geist gelangweilt. Ihnen fehlen neue Reize und frische Impulse. Nicht umsonst werden in diversen Sportarten Trainingsprogramme erarbeitet, um sich schrittweise weiterzuentwickeln und vielleicht ein definiertes Ziel zu erreichen.

Ich möchte die Yogapraxis ungern mit einem Sportprogramm vergleichen. Aber das Prinzip der Entwicklung und Veränderung finde ich vergleichbar. Um einen Schritt vorwärts zu gehen – egal in welchem Bereich – braucht es innere und äußere Anstupser.

Wenn sich Dein Geist von einer Asana auf unbequeme Weise „gepiesackt“ fühlt, wenn Du Dich dabei erwischen solltest, wie Du in einer bestimmten Asana eine offensichtliche Schonhaltung einnimmst, könnte das ein untrügliches Zeichen dafür sein, dass Du genau diese brauchst, um Dich weiterzuentwickeln.

Wie kannst Du ungeliebten Asanas zu Leibe rücken? Vier Tipps für Dich:
  1. Spüren
    Du bist mit einer wunderbaren Gabe ausgestattet: Du kannst fühlen! Kommt der Moment einer „Hass-Asana“, spüre die Ursache auf: Kannst Du möglicherweise aus anatomischen Gründen gar nicht weiter? Ist die Bewegung nur ungewohnt und deshalb unbequem? Baust Du gerade einen Schutz auf, der Dich daran hindert, Deine Komfortzone zu verlassen? Was kannst Du verändern, damit sich die Asana zwar fordernd, aber nicht mehr so fürchterlich anfühlt? Brauchst Du vielleicht erst einmal eine adäquate Vorbereitung auf diese Asana, mit der Du die entsprechende Muskulatur ansprechen kannst?
  2. Fordern, nicht überfordern
    Sei mutig und fordere Dich – oder lass Dich fordern! Yoga lädt Dich ein, Dich auszuprobieren, Deine Möglichkeiten zu erkunden, Deine Muster sanft aufzubrechen. Nur überfordere Dich niemals. Hast Du die Grenze von Heraus- zur Überforderung überschritten, drohen Verletzungen und Frust.
  3. Ehrlichkeit
    Sei ehrlich mit Dir selbst! Geht es heute partout nicht? Dann quäle Dich nirgends hinein. Es gibt immer Variationen, die Du einnehmen kannst – frage bei Bedarf Deinen Yogalehrer. Und letztlich musst Du überhaupt nichts. Am Ende ist es immer Deine freie, ehrliche Entscheidung, wohin und wie weit Du gehen möchtest – am heutigen Tag. Morgen bist Du sich sicherlich offener für den nächsten Schritt.
  4. Vertrauen
    Vertraue Dir, Deinem Geist und Deinem Körper! In der Yogapraxis geht es immer um die Leichtigkeit, um das Vertrauen und um das Herz, das Dich führt und Dir hilft, Angst oder Blockaden zu überwinden.

Traue Dir zu, Dich zu fordern und Deine Möglichkeiten auszuschöpfen – viel Spaß dabei!

(Photocredit: ©Jacqueline Kulka / jKnOw photo design)

7 Comments

  1. Katharina said:

    Hach ja, die Hass-Asanas…. 🙂 Wer kennt sie nicht….
    Für mich sind sie immer eine Einladung, an meiner Ungeduld zu arbeiten. Ausserdem lehren sie mich, mich auch über kleine Dinge, in dem Fall kleine Fortschritte zu freuen.
    In meiner Yogalehrer-Ausbildung sagte eine Dozentin zu mir: „Es lohnt sich , an den ungeliebten Asanas zu arbeiten. Denn irgendwann werden es Lieblings-Asanas.“ Das hab ich auch schon erlebt… 🙂

    24. Januar 2017
  2. Marina said:

    Oh ja, diese Hussasanas triggern einen ganz schön 🙂 Bei mir ist es das Kamel, oder die Taube, wenn man die Hände hinten bindet und der hintere Oberschenkel schreit. Aber wie sagt man? Jede Hassasana wirkt genau, wo sie sollte, genau da, wo wir unsere „Entwicklungspotentiale“ haben. Daher versuche ich es immer mit einem Lächeln, auch wenn ich am liebsten fluchen würde (manchmal tue ich das auch). Beim nächsten mal versuche ich es, die Schritte zu beherzigen, danke dir dafür!

    10. Januar 2017
    • Oh, Lächeln gehört unbedingt in die Liste!!! Danke, liebe Marina 🙂

      10. Januar 2017
  3. Louisa said:

    Schöner Artikel liebe Silke!!!
    Meine „Hassasana“ war schon immer Utkatasana (Stuhl/Blitz). Habe immer wieder versucht dieser Übung eine Chance zu geben, aber bisher ist es mir nicht gelungen.
    In der nächsten Yogastunde werde ich mal deinen Rat befolgen.

    Danke und eine große Umarmung
    Louisa

    10. Januar 2017
    • Vielen Dank, liebe Louisa! Wenn Du das nächste Mal mittwochs dabei ist, könnte ich den Blitz einbauen … 😉 Liebe Umarmung zurück!

      10. Januar 2017
    • Klaus said:

      Jahrelang mochte ich auch kein Utkatasana. Wieso es dazu gekommen, das es mittlerweile zu meinen Favoriten gehört, weiß ich nicht so genau. Hier eine schöne Anleitung: https://www.youtube.com/watch?v=pPx7UvdUCI0

      10. Januar 2017
      • Dankeschön fürs Teilen Deiner Erfahrung und der Anleitung, lieber Klaus! Manchmal muss man den Grund auch nicht wissen 🙂 Es reicht zu spüren, dass es so ist, finde ich.

        10. Januar 2017

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