Routinecheck: bye bye unnütze Gewohnheit

Unser Alltag folgt in der Regel einem bestimmten Schema, das durch festgelegte Arbeitszeiten und Arbeitswege bestimmt ist. Dieses Schema hat uns allen diverse Routinen beschert, die hilfreich sein können, aber es sicherlich nicht alle sind.

Ich skizziere zwei etwas polarisierende Szenen, die sich so oder ähnlich vor dem Verlassen der Wohnung am Morgen abspielen können:

1. der Schnellstart:
3 x auf die Schlummertaste des Weckers hauen, bis sich der müde Körper aus dem Bett quält, ein schneller Kaffee im Stehen, dabei erste Mails oder SMS abrufen, Spurt zu Bus oder Bahn bzw. ab mit dem Auto in den Stau.

2. der Bewusstseinsstart:
kleiner Morgenstretch im Bett und eine Runde Sonnengrüße, Meditation, eine Tasse Tee und / oder ein nahrhaftes Frühstück in Stille und im Sitzen.

Beide geschilderten Varianten können routiniert ablaufen. Doch die Unterschiede dürften deutlich sein: Die erste strahlt Hektik und Zeitdruck aus. Der innerliche Stress beginnt schon unmittelbar beim Aufstehen. Dem Körper wird sofortige Alarmbereitschaft signalisiert. Diese Grundstimmung überträgt sich auf den Tag.

Variante 2 hat viel mit Bewusstsein zu tun, wie die gewählte Überschrift schon deutlich macht. Die genannten Handlungen sind nur Beispiele, die beliebig und ganz individuell ersetzt werden können. Klar ist: Eine solche Form der Morgenroutine ist selbst+bewusst erschaffen und erlaubt einen ruhigen und klaren Start in den Tag. Auch diese Grundstimmung überträgt sich auf den neuen Tag.

Smartphone Gewohnheit
© picjumbo.com

Was bedeutet Routine für uns? 

Hinter einer Routine versteckt sich eine automatisch ablaufende Gewohnheit. Das heißt, wir merken in der Regel nicht bewusst, dass wir gerade auf eine bestimmte Art handeln oder denken.

Grundsätzlich sind Routinen immens wichtig für uns. Sie helfen uns einerseits, den Kopf für nötige „neue“ Anforderungen freizubehalten, denn wir müssen nicht mehr über jeden Handgriff nachdenken. Unvorstellbar, welche Belastung es wäre, wenn wir jedes Kuppeln beim Autofahren oder jede Bewegung beim Zähneputzen erst neu justieren müssten. Bei Routinen sitzen bestimmte Handgriffe einfach. Sie funktionieren praktisch im Schlaf. Dadurch entlasten sie unseren Geist, geben uns Ruhe und eine gewisse Beständigkeit.

Aber vermutlich haben wir uns auch alle etwas angewöhnt, was zwar unbewusst abläuft, uns jedoch nicht gut tut. Das kann z. B. die stündliche Zigarette, das allabendliche Zappen durch die TV-Programmvielfalt oder der morgendliche Kaffee auf nüchternen Magen im Stehen sein. Bei mir ist es beispielsweise – und das ist mir erst kürzlich aufgegangen – die Angewohnheit, beim abendlichen Bloggen gern mal nebenbei zu essen. Gruselig für meinen Bauch und Geist!

Bewusste Routinen entwickeln 

Wir haben die einzigartige Möglichkeit und die Chance, Routinen gezielt mit „Tätigkeiten“ zu entwickeln, die uns Gesundheit, Vitalität und Lebensfreude schenken, die unserem Leben mehr Qualität verleihen und unseren Alltag bereichern. Wow! Klingt allerdings leichter als es ist …

Teetasse Gewohnheit
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Zeit, die eigenen Gewohnheiten einem Check zu unterziehen!

Tipps für Deinen Routinecheck:

  1. aufdecken
    Lege Deine persönlichen Routinen offen. Schnapp Dir ein Blatt Papier und notiere Deine täglichen, wöchentlichen, monatlichen wiederkehrenden Gewohnheiten.
    Um alle zu finden, hilft es, einen regulären Arbeitstag im Kopf durchzugehen und einen Tag oder Abend in der Freizeit. Noch besser: Versuche einzelne Tätigkeiten, mit einem „Anfängergeist“ auszuführen. Das bedeutet, dass Du genau beobachtest und wahrnimmst, was und wie Du etwas tust – als würdest Du es eben zum ersten Mal machen. Dann bist Du wirklich im Moment und kannst eingefahrene Muster identifizieren. Und Du merkst recht schnell, was sich gut und was sich mies anfühlt – versprochen!
    Beim Aufdecken hilft verschweigen nichts! Packe ehrlich aus. Niemand muss mitlesen. Schreibe die entsprechende Tätigkeit auf, inkl. Uhrzeit und Zeitspanne, Häufigkeit, Umstände und ganz wichtig: wie Du Dich dabei fühlst. Das ist der Knackpunkt, von dem aus Du dann den unguten Gewohnheiten bye bye sagen kannst.
  2. priorisieren
    Vergebe Nummern oder Buchstaben oder Symbole – was Dir näher liegt.
    Für …
    a: alles, was absolut grundlegend ist, wie Zähne putzen, schlafen gehen etc.
    b: alles, was Du brauchst, um Deinen Alltag zu erleichtern, z. B. die Tasche abends packen, die Reihenfolge von Frühstück, duschen, anziehen am Morgen, sofort nach dem Kochen spülen etc.
    c: alles, was Du ritualisiert hast, was Dir aber nichts bringt oder Dir nicht gut tut, z. B. eine Zigarette pro Stunde, jeden Abend ein Glas Wein, das wöchentliche Telefonat mit Oma zu einer festen Zeit, das tägliche Fertig- / Kantinenessen im Büro, das kurz vor knappe Aufstehen, das Dir nur Herzrasen bringt etc.
    Wenn Du beispielsweise jeden Tag müde bist, frage Dich ehrlich, wo das herkommt. Bekommst Du zu wenig oder zu unregelmäßigen Schlaf? Hast Du vielleicht ein ungesundes Schlafumfeld? Hat es möglicherweise organische Ursachen? Oder liegt es an der Ernährung? Auf lange Sicht müde durch das Leben wandern, macht nämlich echt keinen Spaß.
    d: Markiere die Gewohnheiten, die Dein Wohlbefinden stärken, z. B. tief durchatmen am offenen Fenster, 15 Minuten hinsetzen fürs Frühstück, 10 Minuten in der Mittagspause spazieren gehen, Smartphone, WLAN & Co. nachts ausschalten o. a.
  3. ausmisten
    Welche Routinen willst Du aus Deinem Leben verbannen? Streiche sie gemäß den zugeordneten Buchstaben auf Deiner Liste durch! Gewohnheiten „einfach so“ loslassen, ist enorm schwierig. Hilfreich ist es, sie durch andere zu ersetzen. Nimm hier am besten gleich Punkt 4 zur Hilfe.
  4. hinzufügen
    Füge bewusst hinzu, was Dir wirklich wichtig ist. Etabliere eine neue Gewohnheit mit Disziplin, Geduld und gutem Willen und mache sie zu DEINEM persönlichen Wohlfühl-Ritual. Welches Ritual würdest Du gern in Dein Leben integrieren? Sei hier sparsam und wählerisch! Qualität geht vor Quantität.

Bei dem Aufbau neuer Wohlfühl-Rituale gilt Folgendes:

  • Weniger ist mehr, denn zu viele Routinen können unsere Flexibilität einschränken.
  • Verschiebe das Vorhaben nicht auf Morgen, es kann sofort losgehen.
  • Setze nicht alles auf einmal um, sondern gehe Schritt für Schritt vor. Dann kommt Dein Geist mit, darf sich dran gewöhnen und der Erfolg setzt langsam ein.
  • Lass Dir Zeit, damit neue Gewohnheiten entstehen dürfen. Die Forschung spricht von mindestens 30 Tagen, die es braucht, bis eine Tätigkeit zur Routine wird.
  • Schaffe Dir kreative Erinnerungshilfen, z. B. bunt bemalte Klebezettel an zentrale Stellen kleben, die Schuhe an der Garderobe aufhängen oder die leere Müslischale kopfüber auf die Arbeitsplatte stellen, sodass Du am nächsten Morgen an Deine neue Frühstücksgewohnheit denkst.
  • Begreife jeden Tag als neue Chance. Lasse Dich von Rückschlägen oder vermeintlichen „Gedächtnislücken“ nicht runterziehen.
  • Überprüfe regelmäßig Deine alltäglichen Routinen, sortiere und definiere ggf. neu. Du veränderst Dich, Dein Umfeld verändert sich, genauso die Rahmenbedingungen. Vielleicht brauchst Du irgendwann mal einen Ersatz für eine eigentlich lieb gewonnene Gewohnheit.

Das Leben ist zu kostbar, um es mit Gewohnheiten zu verplempern, die uns müde, lustlos, energielos oder aggressiv machen – Du hast es in der Hand! Es ist nicht einfach und fordert uns, aber wir werden belohnt.

5 Comments

  1. Sabine said:

    Sehr inspirierender Beitrag! Ja, ja die unnütze Zeit vor dem PC in aktive statt passive Zeit umzuwandeln…. das ist mein größter Zeitfresser. Und er zieht einfach nur Energie, wohingegen das Gestalten und Tun so viel mehr zurückgibt. Danke für die Motivation…

    Herzlich aus Wien,
    Sabine

    14. September 2016
  2. Gut gesagt. Tatsächlich kann Routine uns ein bisschen die Lebensfreude nehmen, wenn wir uns nicht mehr bewusst sind, warum wir Dinge tun. Andererseits kann es gerade ein Ausdruck von mehr Lebensfreude werden, wenn wir eine positive Routine etablieren, mit mehr Zeit für das, was uns gut tut.

    21. November 2015
    • Das hast Du schön auf den Punkt gebracht, lieber Michael! Das Bewusstsein macht’s 🙂

      22. November 2015
  3. Hallo Silke,

    toller Beitrag über Routinen. Kann ich total nach vollziehen.
    Ich versuche gerade meine Essgewohnheiten zu ändern. Ganz schon schwierig. Das Frühstück mit Obst und wenig Müsli und etwas Milch klapt schon mal, aber das Abendessen ist noch sehr zäh. Da tue ich mir noch total schwer ne Routine einzuführen. Aber dranbleiben führt irgendwann zum Erfolg.
    Viele Grüße Michaela

    9. Oktober 2015
    • Dankeschön, liebe Michaela! Die Essgewohnheiten finde ich ehrlichgesagt auch am schwierigsten. Dabei ist der Start mit dem Frühstück der „einfachste“ erste Schritt. So frisch am Morgen ist der Geist noch klar und offen für Neues. Beim Abendessen sieht das schon ganz anders aus. Ich kann das total gut nachvollziehen. Als ich vor langer Zeit anfing, mein Frühstück zu verändern, habe ich festgestellt, dass es sinnvoll ist, erst mal diese neue Frühstücksgewohnheit zu etablieren. Dann kann etwas Weiteres folgen. Vielleicht versuchst Du es erst mal an einem Abend der Woche mit Deiner neuen gewünschten Abendessenform. Viel Erfolg und liebe Grüße, Silke

      10. Oktober 2015

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