Hinter „cross core integration“ steckt die Idee, dass Bewegungen der oberen Extremitäten in offener Kette einen stabilen Rumpf erfordern, der seinerseits auf einem stabilen Fundament ruht. Auf diese Weise kann er die nach oben gerichtete Kraft gegenüber dem Boden abstützen.
Der Begriff der kinetischen Kette bezieht sich auf unsere Glieder, die durch Gelenke zu einer Kette (Gliedmaßen/Extremitäten) miteinander verbunden sind. Wenn sich das letzte Glied einer Kette frei bewegen kann, also nicht mit einem anderen Körperteil oder Objekt (wie beispielsweise Boden oder Wand) verbunden ist, spricht man von einer offenen Kette.
In den stehenden Positionen werden die Arme durch den Rumpf gestützt – bei Armbalancen die Beine. Welche der Extremitäten oben oder unten sind kann also wechseln, aber der Rumpf bleibt immer in der Mitte und muss die Kräfte übertragen.
So können wir den Körper in drei Abschnitte unterteilen und jede Pose ganz bewusst in drei Schritten aufbauen, beispielsweise im Krieger 1:
- Das Fundament
Die Beine bilden in Standhaltungen das Fundament. Der Winkel im vorderen Knie und die Streckung des hinteren Beins definieren zusammen mit der Ausrichtung der Hüfte die Höhe des Beckens über dem Boden. Ein hüftbreiter Stand vermittelt im Krieger 1 eine gute Stabilität; das Gewicht ist gleichmäßig auf die Füße verteilt.
- Das Zentrum
Der Rumpf ruht – mit den Hüften als Verbindung – auf den Beinen. Wenn wir den Rumpf aufrichten und das Becken ausrichten, achten wir darauf in den Beinen – unserem Fundament – stabil und stark zu bleiben, sodass wir hier nicht nachjustieren müssen. Ist doch eine Korrektur erforderlich, haben wir wahrscheinlich den Stand zu lang gewählt, sodass der Hüftbeuger am hinteren Bein die Aufrichtung des Beckens verhindert. Tipp: den Fußabstand beim nächsten Mal etwas verkürzen.
- Obere Extremitäten
Die Arme sind frei beweglich (offene Kette) und werden vom stabilen Rumpf gestützt. Bei der Schulter – als Verbindung zum Rumpf – ist vor allem der Sägezahnmuskel (Serratus Anterior) für die stabile Schulterblattanbindung verantwortlich. Bevor wir die Arme anheben, vergewissern wir uns, dass dieser Bereich aktiviert ist und sich das Schulterblatt den Anforderungen entsprechend ausrichten kann.
Verfolgen wir die Kraftlinie für die Position der Arme im Raum, so verläuft diese über die Schulter in den Rumpf und weiter über das Becken in die Beine bis zum Boden. Der Rumpf, unser „core“, im Zentrum dieses Geschehens, wird von der Kraftlinie gekreuzt – daher „cross core“. An den beiden Verbindungsstellen – Schulter und Hüfte – ist Stabilität und Beweglichkeit gefragt, um alle drei Abschnitte miteinander zu verbinden, daher „integration“.
„Cross core integration“ äußert sich in bewusster Ansprache der in den einzelnen Abschnitten beteiligten Muskeln und berücksichtigt in besonderem Maße auch die Reihenfolge im Aufbau einer Asana, vom Fundament (der Basis) über den Rumpf bis in die beweglichen Extremitäten, die einer Asana ihren „Ausdruck“ verleihen oder schließlich gebunden werden. Es fordert – besonders bei einem bewusst langsamen Aufbau – die Muskulatur und trainiert vor allem den Po, Bauch und unteren Rücken, allgemein den Rumpf und die Schulterpartie mit dem Serratus Anterior und dem großen Rückenmuskel (Latissimus Dorsi).
(Beitragsbild: © Jacqueline Kulka / jKnOw photo design)
Wow! Welche Körperbeherrschung! Diese zu erreichen setzt Disziplin, ausdauerndes Training und profunde Kenntnisse der menschlichen Physiologie voraus.
D & M
Oh ja, die hat er wohl 🙂 Liebe Grüße, Silke